Neuklang Kirchenlied | Various Artists
Gruen 051 | Audio CD > [order]
The contemporary interpretation of hymns is brought into focus by the project Neuklang Kirchenlied.
German bands and solo artists bring old hymns into contemporary music. The spectrum ranges from jazz to pop, from rock and metal to acoustic art. An essential part of the concept is that text and melody are preserved. The tradition of hymns is a living one and variation has always been part of it. The remixes of this project bring more variation to it.
Tracklist:
01. arbeit „O Haupt voll Blut und Wunden“
02. Lüül „Es kommt ein Schiff, geladen“
03. Joni & Joni „So nimm meine Hände“
04. Workshop „Herr, gib mir Mut zum Brücken bauen“
05. Die Praktikanten „Der Mond ist aufgegangen“
06. A.R.S. „Wach auf, mein Herz, und singe“
07. Der Bote „Es ist ein Schnitter, heißt der Tod“
08. Snubnose „Befiehl du deine Wege“
09. Zeitblom feat. Hitomi Makino „O Heiland, reiß die Himmel auf“
10. Nicolas Weiser „Die ganze Welt, Herr Jesu Christ“
01.
05.
06.
10 Tracks (37’44“)
CD (2000 copies)
Sound Art Series by Gruenrekorder
Gruenrekorder / Germany / 2007 / Gruen 051 / LC 09488
01 Dietrich Kreller in: Nordelbische Kirchenzeitung 39
Kirchenlieder – aufgebürstet
Sie sind vertraut, sie klingen je nach Lebensituation unterschiedlich, mal tröstlich, mal aufregend. Sie verwandeln sich unter der Begleitung eines inspirierten Kantors zu mitreißenden Schlagern – oft werden sie auch nur abgesungen, unverstanden, fremd geworden in Melodie, Rhytmus und Bedeutung. Als Kirchenlieder wie „Befiehl du deine Wege“ oder „O Heiland reiß die Himmel auf“ entstanden, waren ihre Schöpfer sprachlich und musikalisch auf der Höhe ihrer Zeit, ihnen gelang die Transformation des Alltagslebens in die kirchliche Kultur. Constantin Gröhn, Theologe und Musiker aus Hamburg, ist mit seinem Projekt „Neuklang Kirchenlied“ den umgekehrten Weg gegangen. Gröhn hat zehn Musikgruppen und Solokünstler aufgefordert, Kirchenlieder wieder in die gegenwärtige Musikkultur zu übertragen. Jetzt nageln elektronische Hammerschläge den Christus noch einmal akustisch ans Kreuz bei „O Haupt voll Blut und Wunden“ – mit harmlos-lockeren Reggae-Rhytmen wird der Mond des Matthias Claudius besungen, doch der Gottesbezug entfällt kurzerhand mal: Im Namen aller sollen sich die Brüder jetzt niederlegen – eine sympathische Utopie – Grund, das in vielen andächtigen Momenten glänzend gewordene Verständnis des alten Schlagers gedanklich aufzubürsten. Die alten wahren Lieder kommen in ihren neuen Klangkostümen ganz unverbraucht, manchmal irritierend (schön), mal mit Humor und spielerischer Freiheit daher. Humor – Freiheit: gute Idee: gekauft – für 14,90 Euro bei www.gruenrekorder.de oder www.chrismon-shop.de.
02 Constanze Alpen in: SZENE Hamburg
Alles ist erlaubt
Deutsche Kirchenlieder rufen bei jungen Leuten nicht gerade Begeisterungsstürme hervor. Constantin Gröhn hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Zustand ein für allemal zu ändern. Legte er früher selbst experimentelle Elektrosounds in bekannten Hamburger Locations wie der Astra-Stube oder Schilleroper auf, so versuchte er sich nun mit Hilfe verschiedener Künstler und Bands an der Übersetzung deutscher Kirchenlieder in zeitgenössischer Musik. Die Genres sind breit gefächert – das Ergebnis auch. Sehr überzeugend ist die Umsetzung der alten Stücke in Rock und Metal, bei denen die leicht verstaubten Texte den Kompositionen sogar noch einen eigenen Charme verleihen. Doch bei einigen Stücken zeigt sich auch, dass zu viel Experimentierfreude dem Sound nicht unbedingt gut tut. Aber Reinhören ist in jedem Fall ein Versuch wert.
03 DE:BUG. Magazin für elektronische Lebensaspekte 116
Ich bin normalerweise ein großer Fan konzeptioneller Alben, aber diese leicht industrielle Neubearbeitung von Kirchenliedern ist mir vom ersten Moment an zu gothic. Und aus einer CD nur herauszuziehen, was für ein brutales Schlachtfeld eine Religion ist, ist mir dann doch einfach zu wenig. bleed **
04 Kundenrezension Amazon, 1_Advokat
Dieser Sampler ist ein absoluter Geheimtipp! Die zehn auf ihm versammelten (mir vorher eher unbekannten) Bands bieten äußerst gelungene Neuvertonungen traditioneller Kirchenlieder. Dass die Stilrichtungen dabei von Reggae („Der Mond ist aufgegangen“ von >Die Praktikanten<) über eher poppig/folkig („Es kommt ein Schiff geladen“ >Lüül< oder „So nimm meine Hände“ von >Joni & Joni<) bis hin zu Alternative („Es ist ein Schnitter, heißt der Tod“ von >Der Bote< oder „Befiehl du deine Wege“ von >Snubnose<) reichen, ist ein besonders großes Plus. Einige Stücke sind etwas experimenteller, aber nichtsdestoweniger absolut hörenswert (so besonders „O Haupt voll Blut und Wunden“ der Gruppe >arbeit<). Da in allen Interpretationen die traditonellen Weisen beibehalten wurden, passen die Lieder trotz der verschiedenen Stile sehr gut zusammen und lassen sich hintereinanderweg hören; die CD ist daher eine schöne, reiche Inspirationsquelle für ruhige und nachdenkliche Momente und absolut empfehlenswert.
05 Der Medienkonverter
Als Kind habe ich mich beim sonntäglichen Kirchgang immer wieder gefragt, ob der liebe Gott über die stets gleiche musikalische Darbietung einer stimmlich meist wenig gesegneten Gemeinde wirklich erfreut ist oder sich nicht eher entnervt die Ohren zuhält. Vielleicht hat sich Constantin Gröhn, Vikar und Elektronikmusiker aus Hamburg, irgendwann die gleiche Frage gestellt und deshalb 10 Künstler um eine Neuinterpretation altbekannter Kirchenlieder gebeten – ich weiß es nicht. Wie dem auch sei, das Ergebnis „Neuklang Kirchenlied“ liegt nun in schlichter Aufmachung vor mir und ich bin gespannt, was den Beteiligten, die mir im übrigen allesamt unbekannt sind, zum Thema geistliche Musik eingefallen ist.
Und – wow – der Opener „Oh Haupt voll Blut und Wunden“ des Frankfurter Projekts arbeit reißt mich buchstäblich hinein in die CD und in ein düsteres Hinrichtungsszenario. Die fast nur auf den Gesang reduzierte Fassung des an sich schon bedrückenden Textes wird von brutalen Schlägen unterbrochen, die schon vor 2000 Jahren die Kreuzigung Jesu begleitet haben könnten. Ein wahrhaft beeindruckendes Werk. Leider wird man schon beim nächsten Titel wieder in’s Hier und Heute zurückgeholt. Lüül bewegt sich mit dem gitarrenbegleiteten „Es kommt ein Schiff geladen“ gesanglich auf dem Niveau engagierter aber untalentierter Straßenmusikanten, die zur Weihnachtszeit um milde Gaben bitten. Eigentlich unglaublich, daß Lutz Ulbrich, der Mann hinter Lüül, anno 2004 den deutschen Schallplattenpreis für sein letztes Album bekommen hat, aber gut, das steht hier nicht zur Debatte. Ebenfalls nicht überzeugen können mich Joni und Joni mit dem braven, 60er-Jahre-Flower-Power geschwängerten „So nimm meine Hände“, wenn auch die Gesangsleistung in Ordnung geht. Extravagant gehen dagegen Workshop die Sache an. Fast schon industrialmäßig kommt „Herr, gib mir Mut zum Brücken bauen“ daher. Die piepsende, verzerrte Stimme ist zwar Geschmackssache, aber Kai Althoff und Stephan Abry beweisen damit immerhin Mut zum Experiment. Dagegen verbreiten Die Praktikanten mit Akkordeon und Akustikgitarre bei „Der Mond ist aufgegangen“ biedere Lagerfeuer-Weltjugendtagsromantik. Ganz leise mit den klassischen Instrumenten Kontrabass, Saxophon und Flöten in Verbindung mit einem harmonischen Duett erklingt danach „Wach auf, mein Herz, und singe“ des Trios A.R.S., bevor Der Bote mahnt „Es ist ein Schnitter, heißt der Tod“. Man merkt diesem Song deutlich an, daß mit Boris Delic ein Mann am Werk ist, der sonst in einer Rammstein-Coverband (Feuerengel) am Mikro steht. Harte Riffs schneiden abrupt, jedoch gekonnt melodiöse Passagen ab. Eine sehr passende Interpretation des Liedes aus dem Jahre 1638. Ebenfalls gitarrenlastig, aber mehr in die alternative Ecke gehend, rocken sich Snubnose durch das alterwürdige „Befiehl du deiner Wege“. Anschließend folgt das genaue Gegenteil, Zeitblom’s elektronische, auf jegliche Perussions verzichtende Fassung von „Oh Heiland, reiß die Himmel auf“, zart eingesungen von der Japanerin Hitomi Makino. Die wohl außergewöhnlichste Arbeit steuert Nicolas Weiser zum Schluß bei. Text und Melodie von „Die ganze Welt, Herr Jesu Christ“ werden beinahe bis zur Unkenntlichkeit verfremdet und sparsam mit künstlichen Geräuschen unterlegt.
Ich kann natürlich nicht sagen, welche Songs der CD beim lieben Gott auf Wohlwollen stoßen, meine Favoriten sind jedoch ganz klar die Beiträge von arbeit, Der Bote und Zeitblom feat. Hitomi Makino. Die restlichen Tracks bewegen sich in dem weiten Feld zwischen interessant und banal, was eine Bewertung nicht ganz einfach macht. Angesichts der Tatsache, daß nur die obengenannten 3 Songs wirklich hervorstechen, scheint mir eine Punktezahl leicht oberhalb des Durchschnitts angebracht.
P.S. Zu beziehen ist die CD übrigens neben dem Label auch über den Buchhandel bzw. das evangelische Magazin chrismon, welches das Projekt unterstützt hat. www.chrismon-shop.de
P.P.S. Da es in unserem Genreverzeichnis die Kategorie „Kirchenmusik“ nicht gibt, habe ich mich für das am ehesten passende Genre Experimental entschieden.
06 Tokafi | By Tobias Fischer
CD Feature/ V.A.: „Neuklang Kirchenlied“
On a purely musical level, this combination would never work: A project to get people singing again.
The basic idea of „Neuklang Kirchenlied“ (which translates to something like „The new sound of parochial chant“) is simple: Take a couple of bands from the field of Pop. Rock, Folk and slightly more experimental genres and ask them to cover popular German hymns. Constantin Gröhn is, however, not a man of one-dimensional messages, as his location-specific sound project „Der Michel und der Dom“ previously proved. And there is certainly a deeper aim behind this sampler than just transferring the good old classics to the 21st century.
It can not be denied: The religious (or church-related) aspect of Gröhn’s work has been a red thread throughout, regardless of the fact that his music neither turns meaningless without it, nor becomes missionary – which is a welcome sign of reservation for a Vicar. And thus, an outwardly purely sound-oriented project like „Der Michel und der Dom“ was a casestudy in placing the noises of a Hamburg-based church next to those of an adjacent fun park.
„Neuklang Kirchenlied“ is different in that it has been mainly enabled by the support of the protestant magazine „Chrismon“ and gets more concrete in both its concept and realisation. After all, chant is an essential part of the surmon and acts as a connecting element between the members of the parochial. In the act of singing, personal differences loose their significance and the word takes on a living meaning. This is what Gröhn is after for this CD as well.
He has invited ten acts from extreme points of the artistic spectrum for their version of some of the eternal and essential issues of human life. On a purely musical level, this combination would never work, but thanks to the common conceptual ground, an undisturbed flow establishes itself, which seemlessly integrates the robust riffs of „Der Bote“, the ethereal vocal harmonies of „Joni & Joni“ or „Die Praktikanten“ as well as the combustible and supercharged punk energy of now disbanded „Snubnose“. Thanks to the freshness of the arrangements, be they lush or sparse, one can appreciate the lyrics with open ears again – and discover the purity, timelessness and contemporary relevance of texts sometimes dating back 400 years.
One should not forget that some of these songs are actually common knowledge in Germany and part of the cultural canon. Twenty years ago, you could’ve asked just about anybody on the street for the lyrics to „Der Mond ist aufgegangen“. Today this knowledge has dwindled. In the booklet, Gröhn asks for ways to become active again in this regard, asking „whether we should sing or merely listen“. It is quite clear that he opts for the formerr. More than anything else, „Neuklang Kirchenlied“ is a project to get people performing these classics again, With the care that has gone into it, there’s a good chance for it to succeed.